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Winterdienst – Bitte die Straße räumen

Wer mit dem Auto unterwegs ist, genießt die Freuden der kalten Jahreszeit eher weniger. Wenn die weiße Pracht die Straßen unsicher macht, ist der Winterdienst der Straßenmeisterei oft des Autofahrers letzte Hoffnung, wie wir es gerade erleben.

Die Schneepflüge der Straßenmeistereien sind Ehrfurcht gebietende Fahrzeuge.

Allradgetrieben und mit gelb-blinkenden Rundumleuchten stiebt etwa ein MAN-Pflug mit den im Winterdienst zulässigen 24 Tonnen Gesamtgewicht über die Bahn.

Die Arbeit am Lenkrad und der hydraulischen Einstellung des Pfluges erfordert höchste Aufmerksamkeit, denn das stählerne Schild vor dem Lastwagen-Bug wiegt zusammen mit der geballten Hydrauliköl-Füllung rund 1.300 Kilogramm, etwa so viel wie ein VW Golf.

Der Fahrer kann in feinsten Stufen das Gewicht einstellen, mit dem die messerscharfe Kante des vierscharigen Pfluges über den Asphalt schrammt. Sie ist beim Baumuster Tarron des Herstellers Schmidt im Schwarzwald (ein Schneepflug für „schwere Räumaufgaben bis in höchste Höhenlagen“) im Winkel von 25 Grad angestellt, hobelt förmlich über den Fahrbahnbelag.

Mit 60 km/h wird geräumt

Damit die Instandhaltungskosten begrenzt bleiben, ist die Unterkante des Schildes als Verschleißkante ausgelegt, knapp zehn Zentimeter von bestem V2A-Stahl können so verbraucht werden, bis die Straße am teuren und vielfach verstellbaren eigentlichen Räumschild nagt.

Die einzelnen Elemente des Pfluges sind an Federn aufgehängt, um die Stöße bei Unebenheiten zu mindern. Dennoch ist Konzentration gefragt: „Die Fahrer kennen ihre Strecken und wissen, wo es Kanaldeckel oder Dehnungsfugen gibt, bei denen der Pflug angehoben werden muss“, sagt Josef Huber, Vorführfahrer bei Nutzfahrzeugmarke MAN.

Mit etwa 60 km/h räumen die Pflüge die Autobahnen, oft ist zusätzlich zum bis zu vier Meter breiten Frontschild ein Seitenpflug montiert, der den Schnee gleich von der benachbarten Fahrbahn kratzt.

Zwei Räumfahrzeuge können auf diese Weise in einem Arbeitsgang gemeinsam die Doppelfahrbahn einer Autobahn und einen Teil des Standstreifens gleich mit vom Schnee befreien. Der Anstellwinkel der Pflüge lässt sich über eine Hydraulik mit einem Joystick am Getriebeschalthebel verändern. Er ist abhängig von der Räumgeschwindigkeit, der Fahrbahnbreite und der Beschaffenheit des Schnees.

Das MAN-Modell ist mit einer kräftigen Hydraulikpumpe ausgerüstet. Ihr erster Kreislauf versorgt die Pflugsteuerung mit 180 bar Druck, der zweite den am Heck montierten Streuteller. Salz als Auftaumittel nimmt der Fahrbahn die gefährliche Glätte. Die Schneepflüge tragen daher auf ihrer Ladefläche ein Silo mit bis zu fünf Kubikmeter Trockensalz, dazu maximal 1250 Liter Sole fassende Seitentanks.

Beim Streuen wird das Salz mit der Sole befeuchtet, was die Auftauwirkung verbessert und das Salz schwerer macht, damit es bei Wind nicht von der Fahrbahn geweht wird. Der Streuteller ist filigran einstellbar.

Über ein Display im Fahrerhaus wählt der Schneepflugführer die Menge der Salzstreuung, Würfe von 20 bis 300 Gramm je Quadratmeter sind programmierbar. Das Streumuster lässt sich ebenso variieren.

Die Wurfweite kann auf beiden Seiten um die Fahrzeuglängsachse zwischen null und acht Meter eingestellt werden. Das erlaubt die Bestreuung einer kompletten Doppelfahrbahn, aber auch die flächendeckenden Behandlung der beiden linken Spuren, während der Streuwagen auf der rechten Spur fährt.

Augenmaß ist gefordert

Klar wird spätestens jetzt, dass die Menschen am Lenkrad eines Winterdienstfahrzeugs keine hemdsärmeligen Straßenräumer, sondern qualifizierte Spezialisten sind. Und wer die Gelegenheit hatte auf schmaler Strecke ein 3,6 Meter breites Räumschild am entgegenkommenden Straßenverkehr vorbei zu manövrieren, der wird dem Personal auf den Schneepflügen künftig mit Hochachtung begegnen.

Unterdessen trifft sich in vielen Bundesländern und auch in Österreich die Elite der Räum-Spezialisten. Seit 2012 manövrieren sie ihr schweres Gerät jährlich durch enge und schwierige Parcours um den König des Schneepflugs mit einem Meistertitel zu küren. Im vorigen Jahr stieg dabei zum ersten Mal eine Frau aufs Podest.

ampnet/mk


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